21.12.2016
Cine Rebelde, Einträchtliches Wohnen, 1. FC United/Projekt Shelter, FC Gudesding
Vier außergewöhnliche Projekte erhalten den im gedächtnis bleiben-Preis 2016. Es ist uns eine Ehre die Preisträger vorzustellen.
Cine Rebelde Die Veranstaltungsreihe Cine Rebelde wurde im Jahr 2007 als DROOGS PolitKino ins Leben gerufen. Anfangs war das Programm auf drei Termine ausgelegt. Seitdem sind knapp zehn Jahre mit über 100 Veranstaltungen ins Land gegangen. Bis heute stecken diverse Menschen aus der Ultragruppierung Droogs'99 Frankfurt immens viel Zeit und Engagement in das Projekt. Das erklärte Ziel der politischen Veranstaltungsreihe ist, in der Fanszene von Eintracht Frankfurt die Auseinandersetzung über gesellschaftlich relevante Themen zu etablieren. Hauptsächlich werden Filme zu sozialkritischen Themen, wie z.B. Globalisierung, Kapitalismus, Antifaschismus und Nationalsozialismus gezeigt. Aber auch Lesungen, Zeitzeugengespräche, Stadtrundgänge, Konsolenturniere und Konzerte finden sich im Programm. Darüber hinaus ermöglicht das Cine einen regelmäßigen Austausch abseits der Spieltage. Das Cine findet monatlich statt und wird durchschnittlich von 30 Besucher_innen besucht. Da die Veranstaltung meist am Abend stattfindet und nach getaner Arbeit der Magen knurrt, gibt es von Beginn an ein kulinarisches Angebot, welches in Form einer Volxküche (frisch zubereitet, vegetarisch und zum Selbstkostenpreis) ausgegeben wird. Anlässlich des zehnten Geburtstags möchte das Cine seine Geschichte Revue passieren lassen. Ein Buch soll veröffentlicht werden. Dahinter steht die Idee, ein neues Format einzuführen, damit man die Möglichkeit hat, sich auch abseits der Veranstaltungsreihe mit den ausgesuchten Themen zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Hier erfahrt Ihr mehr über das Cine Rebelde.
Einträchtliches Wohnen Was, wenn 10 Menschen im Alter von 20- 28 Jahren, die sich allesamt der Fanszene von Eintracht Frankfurt zuordnen, ein gemeinschaftliches Wohnprojekt planen? Noch dazu möglichst im Frankfurter Stadtgebiet. Sie müssen sich damit auseinandersetzen, dass die Verwirklichung ihrer Pläne lange dauern und unter Umständen sogar schon an den organisatorischen und finanziellen Mitteln scheitern kann. Sie müssen sich mit Vorbehalten auseinandersetzen, die einer aus jungen Männern bestehenden Gruppe von Fußballfans in der Regel entgegengebracht werden. Und sie müssen in einer Stadt wie Frankfurt ein finanzierbares Objekt finden. Die Gruppe trifft sich schon seit langem regelmäßig und arbeitet auf mehreren Ebenen daran, dass alternatives und bezahlbares Wohnen eine Zukunft hat. Die Gruppe will aber nicht nur zusammen wohnen, sondern auch einen emanzipatorischen, antifaschistischen und kreativen Lebensraum aufbauen. Leitgedanke des Projektes ist das Prinzip der Offenheit. Neben Wohnraum soll das Wunschobjekt deshalb auch genügend gemeinschaftliche Fläche bieten. Gedacht ist unter anderem an einen großen Gruppenraum, der auch für Vorträge und Diskussionsrunden geeignet ist. Angesichts der aktuellen Situation in Deutschland und Europa sieht es die Gruppe als selbstverständlich an, im Rahmen der Möglichkeiten des gefundenen Hauses Geflüchtete zu unterstützen.
1.FC United Frankfurt und Projekt Shelter „Wir sind der 1. FC United. Project Shelter hat sich im Winter 2014 gegründet, mit dem Ziel obdachlosen Migrant*innen in Frankfurt in ihrem sozialpolitischen Kampf zu unterstützen. Zu der Aktivität der Gruppe gehört es auch ein Netzwerk aufzubauen, das Menschen in ihrer schwierigen Lebenssituation dazu verhilft, ein “normales” Leben zu führen. Ein Pfeiler dieses Netzwerks sind wir- der 1. FC United, das Fußballteam von Project Shelter Frankfurt! Bei beinahe allen Dingen, die wir brauchen sind wir auf die Hilfe von Mitmenschen angewiesen. Vor allem unser Trainer unterstützt uns sehr. Unser Trainer bekommt kein Geld für seine Arbeit und hat noch viele andere Sachen zu tun, manchmal kann er deshalb für längere Zeit nicht bei uns sein. Da die meisten von uns keinen sicheren Aufenthaltsstatus innehaben, ändert sich laufend etwas in unserer Zusammensetzung. Manche von uns verlassen Frankfurt wieder, manche nur für kurze Zeit um in einem europäischen Drittstaat ihre Papiere zu verlängern, andere gehen “für immer” zurück in ihr Herkunftsland. Manche finden irgendwann endlich einen Job und müssen so viel arbeiten, dass sie keine Zeit mehr zum Trainieren haben. Unser Trainingsplatz ist zum Glück gratis, deshalb können wir dort einmal pro Woche hingehen. Zu Beginn haben wir auf einem kleinen Rasenplatz hinter der Konstablerwache trainiert. Viele von uns kennen sich in Frankfurt nicht gut aus und sprechen die Sprache noch nicht, das führt auch manchmal zu Schwierigkeiten, wenn wir z.B. bei Turnieren außerhalb mitspielen, oder wenn alle Ansagen auf Deutsch gemacht werden. Aber wir kommen mit all diesen Umständen klar, immer besser sogar und es bereitet uns viel Freude auf diese, etwas chaotische Weise Menschen kennen zu lernen. Uns gemeinsam abzulenken ist schön und hilft uns dabei in dieser Stadt, unserer mittelfristigen Homebase, besser anzukommen. Wir genießen das gemeinsame Fußballspielen, weil wir dabei unsere Probleme vergessen, weil wir uns bewegen können, wo wir uns doch alle so oft bewegungslos fühlen, wenn nichts vorwärts geht mit unseren Papieren oder unserer Arbeitssuche. Und wir genießen, dass wir Menschen kennen lernen, bei den Turnieren vor allem. Menschen, die Fußball spielen, so wie wir. Und die uns nicht bloß als “Flüchtlinge” wahrnehmen, sondern als gute Fußballspieler und Fußballspielerinnen. Wir spielen fair, egal gegen wen. Jedenfalls versuchen wir das immer! Ein weiterer Aspekt, der das Team so wichtig für uns macht, ist, dass wir gemeinsam Ziele verfolgen! Für unsere Zukunft wünschen wir uns, uns gemeinsam weiterzuentwickeln. Und, dass uns immer mehr Menschen kennen. Auch aus diesem Grund freuen wir uns beim im-gedächtnis-bleiben-Preis mitzumachen. Und auch zu ihm möchten wir noch etwas sagen: Es mag sich so anhören als würden wir von dem Preisgeld sofort neue Trikots kaufen oder einen Platz mieten- doch dem ist nicht so. In unserem Team geht es auch noch um anderes als Fußball, so sehr wir ihn auch lieben. Uns alle eint ja, dass wir mehr oder weniger aktiv sind bei Project Shelter. Das bringt auch eine gewisse Verantwortung mit sich: So haben wir besprochen, dass das Geld in erster Linie an das ganze Projekt gehen soll, da wir im Moment permanent an unsere finanziellen Grenzen stoßen (…)
FC Gudesding Der Verein setzt mit Entschlossenheit und guten Ideen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ein. Die Initiative, einen Spieltag unter das Zeichen eines klaren öffentlichen Statements zu stellen, hat große öffentliche Resonanz hervorgerufen. Anlass für dieses Projekt waren antisemitische Schmierereien mit denen die Sportanlage des Vereins im Frankfurter Ostpark im Frühjahr 2016 verunstaltet wurde. Als entschlossene Gegenreaktion initiierte der FC Gudesding einen Spieltag gegen Antisemitismus. Das Ziel war, mit Spruchbannern, Plakaten und/oder Pressemitteilungen zu demonstrieren, dass sich der Frankfurter Fußball klar und deutlich gegen Antisemitismus bekennt und menschenverachtende Bestrebungen in keiner Weise duldet. Den teilnehmenden Vereinen war es selbst überlassen, wie sie sich an der Aktion beteiligen. In Verbindung mit dem Sport hat der FC Gudesding ein klares Bekenntnis zu einer offenen und toleranten Gesellschaft abgegeben. Er hat ein Zeichen für die Notwendigkeit couragierten Handelns gesetzt. Aber nicht nur das. Durch sein Engagement hinterlässt der Verein deutliche Spuren in der Frankfurter Sportwelt. Hier findet Ihr mehr über den Verein.