14.12.2020
Der im gedächtnis bleiben-Preis wurde zum achten Mal verliehen
Das Jahr darf nicht enden, ohne dass wir uns dem im gedächtnis bleiben-Preis widmen, selbst wenn wir die offizielle Verleihung ins nächste Jahr verschieben müssen. Wir erleben eine besondere Zeit, in der ein Großteil des alltäglichen Miteinanders zwangsläufig auf einen kleinen Wirkungskreis begrenzt ist. Was unter anderem auch dazu führt, dass vieles vorübergehend aus der öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet ist. Doch genauso sicher ist, dass die Nöte und Ängste der Menschen in unserer Gesellschaft genauso wenig abgenommen haben, wie die mehr oder weniger offensichtliche Bereitschaft, bestimmten Gruppen mit Feindseligkeiten und Vorbehalten zu begegnen. Deswegen ist der Einsatz gegen jegliche Art der Menschenfeindlichkeit so enorm wichtig. So zeichnen wir auch in diesem Jahr Initiativen aus, die sich aktiv für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft stark machen.
Initiative Hanau 19.Februar - im gedächtnis bleiben-Preisträger 2020 Die Initiative Hanau 19.Februar hat den Leitsatz gewählt Erinnern heißt verändern. In der Krämerstrasse 24 in Hanau hat die unabhängige Initiative einen Raum gefunden, 140 qm gegen das Vergessen. Sie selbst sagen: Es braucht jetzt direkte Unterstützung für Betroffene, Kontakte zu Rechtsberatung und erfahrenen Anwältinnen, psychologischen Beistand und Umzugshilfe, finanzielle Unterstützung und unabhängige Aufklärung. Und es geht um mehr: Jugendliche und Erwachsene in Hanau sprechen viel darüber, welche Alltagserfahrungen sie mit Rassismus machen - in der Schule, in der Kita, auf der Arbeit, in der Bahn. Für diese Gespräche braucht es einen Raum und Vertrauen. Gegen das Vergessen, gegen das Verschweigen, gegen die Angst. Diesen Raum schaffen wir mit allen gemeinsam, die ihn brauchen, hier, vor Ort. Der Raum kann für alles genutzt werden, was Angehörige, Freunde und Betroffene von Rassismus in Hanau jetzt brauchen und wollen. Wir schaffen einen Raum des Vertrauens. Wir gestalten diesen Ort mit allen gemeinsam, egal welchen Pass, welche Hautfarbe oder welche Religion wir haben. Wir stehen für die Gesellschaft der Vielen. Hanau ist unsere Stadt, unser Zuhause. So ist es und so wird es bleiben. Hier sind die Angehörigen, Familien und Freund*innen der Opfer und Verletzten. Sie müssen gehört werden. Die nächsten Wochen, Monate und Jahre werden wir uns gegenseitig Halt geben. Und dafür sorgen, dass Konsequenzen gezogen werden - und dass nichts vergessen wird.
Stickerkampagne FrankfurtKlebtBunt. Eine Stadt. Ein Verein. Gegen Rassismus, Faschismus, Homophobie. - im gedächtnis bleiben-Preisträger 2020 Die Stickerkampagne FrankfurtKlebtBunt. Eine Stadt. Ein Verein. Gegen Rassismus, Faschismus, Homophobie ist ein hervorragendes Beispiel dafür, was Eigeninitiative auch mit kleinen Mitteln bewirken kann. So beschreibt es der Initiator selbst: Im Sommer 2019 habe ich mal wieder mit meinen Stadionkollegen in der Kneipe zusammen gesessen und über die Eintracht philosophiert, dabei kamen wir mal wieder auf den Punkt: Eigentlich müssten wir unsere Geisteshaltung, die wir ja glücklicherweise mit fast der ganzen Fanszene und bis hin zum Präsidenten und den Mitarbeitern der Eintracht selbst gemein haben, mehr Visibilität verschaffen, insbesondere wider dem Gefühl, dass Rechtsextremismus in Deutschland zunehmend salonfähig zu werden scheint. Ich habe diese Idee dann in die Tat umgesetzt, über die genaue Message gegrübelt, ein Design entworfen und mit Hilfe von einem Kumpel meine Idee dann zu Papier gebracht und 1000 Sticker drucken lassen. Warum Aufkleber? Ich finde, Aufkleber haben einen doppelten Nutzen: Natürlich setzt der- oder diejenige, die den Aufklebt klebt, damit ein Statement. Aber Sticker schaffen auch eine Atmosphäre. An einem Sticker in der Klappergass oder auf der Zeil gehen jeden Tag tausende Menschen vorbei und lesen genau dieses Statement. Und das sagt auch etwas über die Gegend aus, in der man ist, die Europa-Stadt Frankfurt, und die Weltoffenheit und Vielfalt unseres Vereins. Diese Sticker habe ich teilweise selbst verklebt, in meiner Stammkneipe liegen gelassen und im Stadion verschenkt und sie gingen weg wie Handkäs. Also habe ich nachproduzieren lassen, diesmal 2.500 Stück und dasselbe Phänomen erlebt: Im Nu war alles weg. Über Social Media hat die Kampagne dann wahnsinnig an Fahrt gewonnen, bis im Winter 19/20, ziemlich genau vor 1 Jahr, 22.000 Sticker unterwegs waren. Dann hat die Hessenschau und kurz danach auch die Frankfurter Rundschau online darüber geschrieben und Peter Fischer hat die Sticker in einem "Frag Peter" Video gezeigt und dafür geworben. Daraufhin ging die Aktion durch die Decke und ich habe mehrere Wochenenden nicht anderes gemacht, als gemeinsam mit Freunden und meiner Freundin Sticker in 100er Pakete abzuzählen, Umschläge zu beschriften und zu frankieren und Sticker in die ganze Welt zu schicken. Natürlich viel nach Frankfurt und Umland, aber auch Köln, Berlin, München, Hamburg, Schweiz, Österreich, USA und Brasilien. Das Resultat sind viele viele wunderbare Fotos aus der ganzen Welt, die nicht nur das Committment zu den Werten, sondern einfach auch die Verbundenheit der Eintracht Familie zeigt.
Auf zu neuen Wänden - im gedächtnis bleiben-Preisträger 2020 Die Zahl an Wandbildern mit Bezug zu Eintracht Frankfurt wächst. Und es werden immer Wände gesucht, um dieses Ensemble um ein weiteres zu bereichern. Die Initiative zu einem Kunstwerk, dass mit der Faszination für den eigenen Verein auch ein gesellschaftspolitisches Statement verknüpft werden soll, kommt von einigen jungen KünstlerInnen aus der Frankfurter Fanszene. Man kann sich eine Hauswand wie eine überdimensionale Reklametafel vorstellen, weshalb es darum geht, die Botschaft so plakativ wie möglich zu gestalten. Die Idee ist, das Bild wie das Panel eines Comics zu gestalten. Dadurch ist es möglich, auch KünstlerInnen in den Gestaltungsprozess mit einzubeziehen, die noch nicht so gut malen können. Doch wenn eine Idee, ganz gleich wie fabelhaft sie ist, Form annimmt, bedeutet das noch lange nicht, dass diese auch mit eigenen Mitteln umgesetzt werden kann. Um diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen zeichnen wir die Initiatoren für ihr Konzept mit dem im gedächtnis bleiben-Preis 2020 aus.